- Auszug aus dem Lauffener Bote vom 07.12.2006 -

 

 

Der Chor der Regiswindiskirche, die Young Chorporation aus Kirchheim, Mitglieder des Württembergischen Kammerorchesters, Kirchenmusiker Martin Nauen, die Gesangssolisten Stephanie Heine-Groß, Verena Rathgeb-Stein, Steffen Fichtner und Karl-Heinz Gutensohn – allein die Menge der vielen Beteiligten machte staunen, die unter der Leitung von Teresa Schuh und Hartmut Clauß am 02. und 03.12.2006 in der Regiswindiskirche konzertierten und eine spannende Gegenüberstellung zweier herausragender kirchenmusikalischer Werke wagten.

Mehr als 250 Jahre liegen zwischen den beiden Kompositionen eines Canticums aus dem Lukasevangelium, dem Lobgesang der Maria: das Magnificat von Johann Sebastian Bach, einem der größten Tonschöpfer überhaupt und das Magnificat des Engländers John Rutter, einem der bedeutendsten Chor – und Kirchenmusikkomponisten der Gegenwart.

„Magnificat anima mea dominum“: Auch die Seele der Zuhörer erhob sich, unter dem Eindruck der dynamischen Vielstimmigkeit, die sich hinein warf, in das vollbesetzte Kirchenschiff, wo Gottes Matrosen einen Adventskranz gehisst hatten – die Flagge, unter der sie derzeit segeln, hinein in das neue Kirchenjahr, das mit dem ersten Advent beginnt. Selig ließ sich das Publikum in diesem Schiff voller Wohlklang davontragen, auf wunderbar rhythmischen Wellen. So zahlreich, die Sänger, dass sie Luftmassen in Bewegung setzten, die den Zuhörer als leichte Druckwellen trafen. Wie ein leichter Wind auch das Wispern des Chores, das immer wieder anschwoll, sich zu einem geradezu brausenden „Gloria in excelsis Deo“ erhob, das sich schließlich in einem erlösenden „Amen“ auflöste.

Man hatte den Eindruck, dass es nicht die Pfeiler waren, die das Kirchengewölbe trugen, sondern die Stimmen der Sänger und der Instrumente, die all die vielen Register zogen, die in den beiden Kompositionen angelegt sind. Nördlich ernst und südländisch leichtlebig, wuchtig oder zart, pathetisch oder schlicht, volksliedhaft, lyrisch und mitunter militärisch, streng, tänzerisch auch, verharrend oder treibend, bis hin zu – man möchte fast sagen Swing und Groove. Abwechslungsreich, lebendig, voller Spannung, dieses Gotteslob, begeistert und begeisternd gestaltet, mit zahlreichen Höhepunkten.

Zauberhafte Soli mit unsäglichem Schmelz vorgetragen, wie die dritte Sopranarie, begleitet lediglich von Oboe und Bassgeige, oder das Trio der Frauenstimmen in der Bach’schen Kompositionen. Und dann der dritte Chor aus Rutters Komposition – wie eine Quelle sprudelt das „Sanctus Dominus“ in die Kirche. So viel Aufwand, so viele, viele Übungsstunden, so viele Absprachen – und das alles für einen Hörgenuss von zwei Mal eineinhalb Stunden! Dafür muss man sich bedanken. Und man kann den vielen Menschen, die sich für dieses außerordentliche Konzert eingesetzt haben und es in diesem harmonischen Miteinander, in dieser Qualität ausführten, nur versichern, dass sie ihr Publikum über den Abend hinaus tief bewegt haben. Auch eine Drossel, angeregt vom Konzert, das sie offenbar verfolgt hatte, sang im kahlen Geäst der Kirchenlinde, im beinah mystischen Mondlicht, ihr ganz privates Gotteslob einfach weiter. Hörte gar nicht mehr auf. Drosselgesang, am ersten Advent, nachts um zehn – ein kleines Wunder. Es zeigte, wie sehr das Konzert die Herzen aller Zuhörer geöffnet hat. Auch die Herzen derer, die mit Flügeln ausgestattet sind, und die im Himmel wohnen.